Alter Hof / Altes München

Die Ursprünge Münchens: Der Alte Hof und seine Umgebung


Stadtschreiberhaus in der Burgstraße

Am Gebäude kann man schon sehen das hier ein wichtiger Mann gearbeitet hat. Auch die Lage in der Burgstraße ist bemerkenswert, verband sie schließlich das Rathaus mit der Residenz. Der Stadtschreiber war damals der wohl wichtigste Mann der Stadtverwaltung, vielleicht heute vergleichbar mit dem Leiter des Kreisverwaltungsreferats und des Kämmerers, aber in einem Amt – also eine Super-Bürokrat. Der führte Bücher über Einnahmen- und Ausgaben der Stadt, protokolierte die Ratssitzungen und konnte den Rat auch in rechtlichen Belangen beraten. Sein Arbeitsplatz hatte der gebildete Mann in 1. Stock des Hauses.


Für was braucht es aber bei all der Kopfarbeit unten so einen großen Liefereingang? München war zu dieser Zeit wahnsinnig eng bebaut. Viele Häuser mussten mehrere Funktionen erfüllen. Das Erdgeschoss und der Keller wurden im Fall unseres Stadtschreiberhauses als Weinstadel genutzt, d.h. jedes nach München importierte Fass Wein wurde hier erfasst, verzollt und erst dann an die Weinhändler und Lokale der Stadt weitergegeben. Diese Toreinfahrten gab es sehr häufig. Sie führten quasi direkt in den Innenhof. Auf der anderen Seite des Hofs gab es ebenfalls ein Tor. Ohne rangieren konnten die Kutscher mit ihrem langen Gespann durchfahren. Die Einbahnregelung ist natürlich unglaublich praktisch in einer verwickelten engen Stadt. Rechts vom Tor gibt es einen weiteren Eingang – schön verziert mit einem Eselsrücken als steinernen Türsturz. Dahinter befindet sich der Zugang zu den oberen Räumen. Eine steile Treppe ohne Gegenlauf, die direkt nach oben führt. Diese Art der Treppe nennt man Himmelsleiter. Das liegt an dem Fenster am Ende der Treppe und weniger an der Redensart: Wer hoch steigt fällt tief.


Sehenswert ist auch das Dach. Das Gebäude hat insgesamt drei Giebel und das Dach ist so geneigt, dass das Regenwasser zur Straße abläuft. In den ebenfalls mittelalterlichen Städten Lübeck, oder aber auch Landshut in Bayern schaut die Bauweise der Zeit völlig anders aus. Die repräsentativen Hauptgiebel schauen hier zur Straße oder zum Platz hin. Regenwasser läuft zur Seite ab. Warum ist das hier in München anders? Die Münchner hatten aufgrund mehrerer verheerender Stadtbrände eine neue Bauordnung zu befolgen. Heute vergleichbar mit einer Brandschutzverordnung. Einfaches Ziel der Verordnung war es, ein überspringen des Feuers von einem Gebäude zum anderen zu verhindern.


Daher sollten alle Gebäude aus Stein statt Holz sein, statt Stroh wird mit Ziegeln gedeckt und die Abstände zwischen den Häusern sollten vergrößert werden. Das wollte man mit der einfachen Vorschrift erreichen, das abfließendes Regenwasser nicht auf das Nachbarsdach oder Grundstück fließen durfte. Das hätte aber bedeutet, auf viele wertvolle Quadratmeter Nutz- und Wohnfläche zu verzichten. Da sucht sich der Münchner doch lieber einen Ausweg um die verlustbringende Vorschrift zu umgehen.


Er dreht das Dach zur Straße hin, damit das Wasser auch genau dorthin abfließt. Bleibt nur noch ein Problem. Die Dächer bzw. Dachböden dienten als Lagerraum. Für die Logistik brachte man also die kleinen Giebel mit dem hervorstehenden Balken an, die als Lastenaufzug dienten. Münchens Gebäude hatten dadurch ein wenig seltsames Aussehen und wurden im Volksmund schnell als Ohrwaschlhäuser bezeichnet. Weil sie ausschauen wie die Ohren von einem Fuchs oder Hund. Ein paar weitere Ohrwaschl gibt’s noch in der Stadt zu entdecken, z.B am Sebastiansplatz, das ist dort wo die Schranne steht oder am Platzl wo das Hofbräus steht.


An der Fassadenbemalung kann man schön sehen, wie die kunstvolle Zeit der Renaissance nach München kam. Vorgemacht haben es wie so oft die Italiener. Denen war die Fassadengestaltung aus Stein aber in der Regel lieber. In München gab es aber keine geeigneten Steinbrüche und Natursteinvorkommen, außer dem sogenannten Nagefluh. Das ist gepresstes, grobkörniges Isarsediment. Nichts was für eine wirklich schone Fassadengestaltung geeignet wäre. So behalf man sich mit Illusionsmalerei und Schauarchitektur. Man täuschte vor. Die Bemalung der Häuser war ganz typisch für München. Residenz, Türme, Bürgerhäuser wurden großflächig in diesem Stil verziert und verschönert. Wenn man von München sprach, sprach man von der bunten Stadt.


Alter Hof

Alter Hof ist eine echte mittelalterliche Festungsanlage. Der Platz liegt leicht erhöht zum Schutz vor der reißenden Isar und ihrem Hochwasser. Und fast genauso wichtig, am Rande der Stadt. Denn die Herrschende hatten nicht nur Angst von außen angegriffen zu werden, sondern auch von den Bürgern der eigenen Stadt. Da ist bei einem Angriff von der Stadtseite ein Hinterausgang schon praktisch. Leider wurde während des II. Weltkriegs vieles zerstört von der Anlage. Nach dem Krieg wurden die Gebäude auf dem alten Grundriss wiederaufgebaut, zum Großteil muss man sagen recht hässlich. So hat dann ein Investor 2001 die Nachkriegsgebäude abgerissen und neu aufgebaut. Der Charakter einer zu allen Seiten geschlossenen Burganlage blieb erhalten.


Dem Alten Hof kommt in München eine ganz besondere Bedeutung zu, war er doch die erste Kaiserresidenz der Wittelsbacher. Kaiser Ludwig der Baier machte ihn im 14. Jahrhundert zum Mittelpunkt des Kaiserreichs. Die Tourismusexperten der Stadt versuchen das auch mehr und mehr herauszustellen. Daher auch der neue Name der jetzt für den Alten Hof verstärkt auftaucht – Kaiserburg.


Affenturm

Eine der schönsten Legenden der Stadt hat genau mit diesem Kaiser und dem sogenannten Affenturm zu tun. Die Wittelsbacher Herrscher hatten ein Faible für exotische, gerne auch gefährliche Tiere. Löwen, Bären, Falken und eben auch Affen wurden hier am Hof gehalten. Natürlich in der Regel in Zwingern und Käfigen. Ein Affe konnte sich aber frei bewegen. Der durfte überall hin, auch in die Kinderstube des Thronfolgers. Gefährliche Situation – Ein Affe und ein Baby – kann das gut gehen? Nein, natürlich nicht. Der Affe schnappt sich eines Tages das Kind und springt damit aus dem Fenster. Eine Hetzjagd des gesamten Hofpersonals trieb den Affen mit dem Kind auf dem Arm schließlich über einen hölzernen Erker auf das Dach. Unten zitterte das Hofpersonal, oben saß der Affe auf der goldenen Kugel wie King Kong mit dem Baby im Arm. Das war richtig dramatisch! Was würden sie in dieser Situation tun?


Die Angestellten hatten tatsächlich keine schlechte Idee: die liefen los und holten alles herbei was weich war. Der Affe hatte jetzt Zeit etwas zu verschnaufen, beruhigte sich und kletterte ganz von allein zurück ins Kinderzimmer. Dort legte er den Wittelsbachersohn zurück in die Wiege, als wäre nie etwas passiert. Das kam einem Wunder gleich. Da haben wir Bayern nochmal Glück gehabt – denn hätte der Affe auf dem Turm in seiner Angst einmal losgelassen, hätte es nie einen Kaiser Ludwig gegeben.


Tolle Story, oder? Jetzt stellt sich nur die Frage, ist die Geschichte auch war? Vielleicht – In solchen Legenden steckt oft ein wahrer Kern. Solche Geschichten werden immer besonders gepflegt, wenn es die Reichen und Schönen der damaligen Zeit betrifft. Übrigens war das ganz in deren Sinne, denn dadurch wollte man sich auch von gemeinem Volk abheben.


Was an der Geschichte aber auf keinen Fall passt, ist der Turm. Denn den Turm den sie hier sehen, der wurde fast 200 Jahre nach der Geburt des kleinen Ludwigs gebaut. Und das heißt für die Geschichte jetzt, dass sie nicht war ist? Nein nicht zwangsläufig. Um das zu klären gibt’s Wissenschaftler und Historiker und die kamen zu dem Schluss, dass es ja auch ein anderer Turm hätte sein können. Zum Beispiel ein Treppentürmchen der Lorenzikapelle, die direkt auf der gegenüberliegenden Seite stand. Also könnte doch alles war sein??!


Zusatz: Ein steinerner kleine Affe erinnert noch an die Geschichte. Den soll der Vater des kleinen Ludwigs anbringen haben lassen. Apropos Vater: zudem gibt es auch noch so einiges zu erzählen.


Ludwig der Strenge

Den Alten Hof hatte sich im 13. Jahrhundert Herzog Ludwig II., genannt Ludwig der Strenge, als seine „Ludwigsburg“ erbauen lassen. Spannender Beiname - DER STRENGE. Die Geschichte dazu ist grausam und auch fast ein wenig komödiantisch, wenn es nicht so tragisch gewesen wäre. Wie in einem klassischen bayerischen Schwank begann alles mit einem schlichten Irrtum der Post. Ludwig, permanent in Kriegs- und Regierungsgeschäfte verstrickt, war ständig außer Haus. Daheim aber wartete einsam seine Gattin Maria von Brabant. Und die war ebenso jung wie schön. Dass da mancher wandernde Minnesänger auf dumme Gedanken kommen könnte, war auch dem Herzog klar. So kam es zum Fiasko: Zurück von einer Reise fand Ludwig in seiner Post einen eindeutigen Liebesbrief, der ja wohl nur seiner Maria gelten konnte. Rasend vor Eifersucht ließ er sein Weib verhaften und ohne Chance auf eine Anhörung ihrerseits auf der Stelle köpfen. Marias Kammerzofe, die die schlichte Verwechslung der Briefe noch aufklären wollte, ließ er als vermeintliche Komplizin auf der Stelle aus dem Fenster werfen. Schon kurz darauf wurde das Missgeschick aufgedeckt, Ludwig, von großer Schuld gepeinigt, ihm wurde sogar sein Haar über Nacht schlohweiß, stiftete zur Buße das Kloster Fürstenfeld (in Fürstenfeldbruck). Seinen Beinamen „der Strenge“ jedoch hatte Ludwig für immer weg.


Er heiratete dann übrigens noch zweimal und aus der dritte Ehe ging der spätere Kaiser Ludwig der Baier hervor.


Der Alte Hof und das Bier

München ist neben dem Marienplatz, Oktoberfest und Viktualienmarkt für sein Bier bekannt. Hier sitzen die größten und bekanntesten Brauereien des Freistaats. Und das Hofbräu ist eine davon. Den Ursprung der Brauerei finden wir genau hier. Am Sitz und Hof der Herzöge. 1589 gründete Herzog Wilhelm der Fromme die Brauerei, die direkt hier im Alten Hof untergebracht war. Vermutet wird südöstliche Ecke. Aber die Geschichte beginnt früher. Wilhelm war großer Fan vom Braunbier aus dem Ort Einbeck und importierte es Fässerweise nach München. Natürlich nur für sich und den Hofstaat. Das heimische Bier schmeckte ihm nicht und er überließ es gerne der Münchner Bevölkerung. Einbeck liegt nur leider sehr weit weg. Nämlich im heutigen Niedersachsen. Der Transport war teuer und die Staatskasse leer. Was liegt da näher anstelle des Biers den Bierbrauer nach München zu holen. Da war der Startschuss für das Münchner Hofbräu. Dafür riss man den Hühnerstall ab und baute ein kleines Brauhaus. Bereits 1607 reichten die Braukapazitäten für das hier gebraute Braunbier und Weißbier mehr aus. Ein größere Neubau war notwendig. Und den baute man gar nicht weit weg von hier. An der Stelle der Brauerei steht heute das Hofbräuhaus.

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